Köln war nun Garnisonsstadt der preußischen Armee. Um möglichst gefechtsnah mit scharfer Munition üben zu können, reichten die bisher dazu genutzten Kölner Festungswälle nicht mehr aus. So fanden 1817 die ersten Schießübungen auf der Wahner Heide statt.
Ein Schießplatz und Fabriken entstehen
Zunächst dauerten die Manöver in der Wahner Heide ca. 30 Tage. War der erste Schießplatz noch ca. 100 ha groß, kamen im Laufe der Jahre, vor allem durch die größeren Reichweiten der neuen Geschütze, zahlreiche Erweiterungen dazu.
Neben der militärischen Nutzung brachte auch die aufkommende Industrialisierung eine verstärkte Ausbeutung der natürlichen Ressourcen. Die Forstwirtschaft griff mit dem Anbau schnell wachsender Nadelbaumarten in die Waldentwicklung ein. Torf- und Tonabbau wurden intensiviert, Moore entwässert und Bodenschätze gefördert. Im Laufe des 19. Jh. wurden bis zu 57 Bergwerksrechte in der Wahner Heide durch das Oberbergamt in Bonn vergeben. Keine der Gruben war besonders ergiebig, mit zwei längeren Förderperioden und einer Aufbereitungsanlage, die von einer Dampfmaschine betrieben wurde, gehörte die Grube Versöhnung bei Altenrath zu den wirtschaftlich erfolgreicheren Anlagen.
Lukrativer waren die Produktion von Schamottsteinen in der Ludwigshütte, die Alaungewinnung in Spich und vor allem die Sprengstoffproduktionen in Lind und Troisdorf, wo die Rheinisch-Westfälische Sprengstoff-Aktiengesellschaft, später deutscher Standort des Dynamit Nobel Konzerns, die rasante Ausbreitung der Ortschaften am Südwestrand der Heide beförderte.
Nicht nur das Militär, auch die Industrie experimentierte im Sand der Heide mit Sprengstoffen. Hierzu wurden Beobachtungshügel aufgeschüttet, Entwässerungsgräben angelegt und Waldflächen gerodet. Die offenen Sandflächen nahmen immer weiter zu.
Die neue Zeit
Mit dem steigenden Übungsbetrieb wurden die Grundlagen für eine Infrastruktur gelegt: Dazu gehörte der Bau hoher Beobachtungstürme (seit 1893 gab es rund um die Scheuerbachsenke 12 Sicherheitsstände, um Schießübungen zu kontrollieren), das Verlegen einer Telegrafenleitung rund um den Platz und von Förderbahngleisen einer Feldbahn. Um 1900 gab es Wasserleitungen, ab 1911 lieferten die Kölner Elektrizitätswerke Strom. Die umliegenden Dörfer waren, insbesondere bis zum Bau von festen Unterkünften auf dem Schießplatz, immer wieder von Einquartierungen der Soldaten und Pferde betroffen, über die sich die Beschwerden häuften.
1870/71 wurden französische Kriegsgefangene auf der Wahner Heide untergebracht, zunächst in Zelten, später wurden erste Baracken gebaut („Altes Lager“). Seit dieser Zeit siedelte sich im Umkreis verstärkt Gewerbe an. Zunächst gab es nur Verkaufsstände oder Hütten, später feste Gebäude. Zu den ersten Gewerbetreibenden gehörten Gastwirte, Bäcker und Metzger. Das Kriegsgefangenenlager wurde im Juni 1871 aufgelöst.
Bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges kam es zu reger Bautätigkeit auf der Heide. Seit 1904 wurden Fesselballone eingesetzt, um die Manöver besser beobachten zu können. Es stiegen aber auch Zeppeline auf, die bei Spich ihre eigene Halle hatten und zunächst zur Aufklärung, während des Ersten Weltkrieges auch zum Abwurf von Bomben genutzt wurden. 1906 besuchte Kaiser Wilhelm II. den Schießplatz. Seit 1912 fanden dort ganzjährige Übungen statt. Ab 1913 gab es in der Wahner Heide eine Landebahn für die vom Butzweilerhof, dem ersten Kölner Flughafen, gestarteten Flugzeuge.
„Bleimöpse“
Zahlreiche Anwohner des Schießplatzes, darunter auch die Spicher, verdienten sich ein gefährliches Zubrot: Obwohl eigentlich verboten, sammelten sie verschossene Munition ein, um sie zu verkaufen. Offizielle Stellen vergüteten zwar nach „Allerhöchster Kabinettsorder“ Wilhelms III. die Ablieferung, lohnenswerter war aber der Verkauf an einen Altwarenhändler.
Optische Telegrafie
Um die Verbindung zwischen dem Preußischen Generalstab in Berlin und dem Oberbefehlshaber der Rheinprovinz in Koblenz zu sichern, richteten die Preußen eine optische Telegrafenlinie – damals ein modernes Kommunikationsmittel – ein. Chiffrierte Nachrichten wurden über Masten mit Flügelarmen, die zahlreiche Zeichenkombinationen ermöglichten, von Station zu Station über rund 550 km weitergegeben. Eine dieser Stationen stand auf dem Forsthaus in der Nähe des nach ihr benannten Telegrafenbergs (früher Rodderberg).
Ab der zweiten Hälfte des 19. Jh. wurde die Infrastruktur in der ganzen Region verbessert. Immer mehr Eisenbahnverbindungen entstanden, so dass sich der Transport von Arbeitskräften, Rohstoffen und Waren vereinfachte. Weil die Streckenführung zum Teil mitten durch den Königsforst ging, wo es z.B. außerhalb von Forsbach auch einen Bahnhof gab, profitierte die Erholung suchende Stadtbevölkerung von der Fahrtmöglichkeit ins Grüne.
Eremitage Weltkriege