Die Wahner Heide wird zum Sperrgebiet – und unter Naturschutz gestellt (1914 bis ca. 1950)

Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges herrschte rege Betriebsamkeit in der Wahner Heide. Regimenter wurden zusammengezogen und an die Front verlegt. Der Schießplatz wurde aber nicht nur für die Ausbildung und den Durchmarsch immer weiterer Truppen an die Westfront genutzt, hier wurden auch neue Kampfstoffe erprobt.

Deutsche Gaswerfer an der Westfront, 1916
Deutsche Gaswerfer an der Westfront, 1916, Bild: Bundesarchiv, CC-BY-SA 3.0.

Im Oktober 1914 erfolgten erste „Reizstoff-Versuche“ auf dem Gelände. Zunächst wurde Chlorgas aus Flaschen abgelassen, das als Wolke mit dem Wind trieb. Später kam auch Phosgen dazu, dann wurde in Granaten einlaboriertes Giftgas verschossen. Wiederholt kam es zu Beschwerden über solche „Giftgaswolken vom Schießplatz“.

Französische Kriegsgefangene beim Bau von Unterkünften auf der Wahner Heide, Postkarte 1914
Französische Kriegsgefangene beim Bau von Unterkünften auf der Wahner Heide, Postkarte 1914: Edition Blattwelt

Bereits im September 1914 trafen auch die ersten größeren Kriegsgefangenentransporte ein, die untergebracht werden mussten. Es sollten bis zu 50.000 Menschen aus unterschiedlichsten Nationen werden. Um sie unterzubringen, entstand eine Infrastruktur aus Baracken und Gemeinschaftsgebäuden, die den Grundstock der späteren Kaserne bildeten.

Mit der Entmilitarisierung des Rheinlandes kehrte zunächst Ruhe auf dem Schießplatz ein. Vorübergehend wurde ein Jugendferienheim eingerichtet, der Turmhof avancierte zum größten landwirtschaftlichen Betrieb der Wahner Heide, der die Weiderechte auf dem gesamten Areal besaß. Auch die Schutzwürdigkeit der einzigartigen Landschaft wurde erkannt und Teile der Heide 1931 unter Naturschutz gestellt.

Polizeit Lager Wahn 1926
Polizeieinheit im Lager Wahn, 1926.

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten wendete sich das Blatt wieder. Anfang 1933 wurde in der Kaserne eine Reichsgeländesportschule zur Ausbildung einsatzfähiger „Reservisten“ eingerichtet, 1934 entstand der „Landespolizei-Übungsplatz Wahn/Rhld.“ 1936 bezogen erneut deutsche Truppen den Schießplatz. Umfangreiche Aus- und Neubauten sowie massive Entwässerungsmaßnahmen im Heidegebiet folgten, wenn auch einige Kommandanten des Platzes den Naturschutz an besonderen Standorten, z. B. dem Kronenweiher, weiter förderten.

Altenrath wird geräumt

Reichswehr Marsch
Soldaten der Wehrmacht marschieren durch Altenrath. Stadtarchiv Troisdorf.

Das Heidedorf Altenrath erlebte 1938 seine dunkelste Stunde. Wie schon die Ortschaften Sand und Boxhohn zwei Jahrzehnte zuvor, wurde das Gelände dem Truppenübungsplatz einverleibt und die Bewohner mussten ihre Häuser und Höfe verkaufen. Zwar blieben viele Häuser in beschädigtem Zustand erhalten, doch kehrten die meisten Altenrather nach dem Krieg nicht zurück. Für sie blieb es beim Verlust der Heimat.

Truppenübungsplatz Wahn 2. Weltkrieg
Übungen in der Wahner Heide während des Zweiten Weltkriegs, Postkarte: Edition Blattwelt.

Im Zweiten Weltkrieg wiederholte sich die Geschichte: Wieder sammelten sich Regimenter auf dem Truppenübungsplatz, wieder wurden Kriegsgefangene unterschiedlichster Nationalität untergebracht. Erste Kriegsgefangene wurden zudem im Lager „Hoffnungsthal“ in der Nähe des Kalmusweihers untergebracht (zunächst Franzosen, von Mai 1941 bis Mitte 1944 Polen, danach Italiener und vor allem Russen, an die heute noch ein Friedhof und eine Gedenkstätte erinnern). Im Lager Grengel wurden ab September 1942 Niederländer untergebracht. Fremdarbeiterinnen kamen auf dem Wirtschaftshof der Heeresstandortverwaltung unter. In Hundsiefen gab es 1942 ein Lager für ca. 40 ukrainische Zwangsarbeiterinnen.

Britische Flieger auf Flugplatz Wahn
Britische Flieger auf dem Flughafen in der Wahner Heide

Im April 1945 erreichten die Amerikaner die Wahner Heide. Es wurde ein Sammellager für ca. 15.000 „displaced persons“ eingerichtet. Im Juni lösten die Briten die Amerikaner ab und begannen mit dem Ausbau der Start- und Landebahn eines Flughafens für die Royal Air Force. Der britische Hochkommissar bezog Quartier in Schloß Röttgen. Ende März 1956 begann die Räumung einzelner Kasernenbauten durch die Besatzungsmacht, die endgültige Übergabe an die Bundeswehr erfolgte im Sommer 1957.

Bilddokumente Lager Wahn 

Nach der Haager Landkriegsordnung von 1907 stehen Kriegsgefangene unter dem Schutz des Völkerrechts. Sie gelten als Staatsgefangene (keine Strafgefangenen) und dürfen nicht unmenschlich behandelt werden.  Zum Nachweis der korrekten Behandlung von Kriegsgefangenen während des Ersten Weltkriegs wurde für die Lager Wahn und Limburg ein Album erstellt, das wir hier in Auszügen zur Verfügung stellen. Die Bildunterschriften in Englisch, Französisch und Russisch zeugen von der internationalen Verbreitung des Albums. Die Bilder geben seltene und interessante Einblicke in das Leben im Kriegsgefangenenlager, in dem bis zu 50.000 Soldaten aus unterschiedlichen Nationen untergebracht waren. Sie sind jedoch keine objektiven Dokumente, sondern zum Zweck der positiven Darstellung inszeniert worden. Hinweise auf Konflikte, Krankheit, Leid und Tod, die auch zur Geschichte des Lagers gehörten, hätten deutschen Soldaten in Kriegsgefangenschaft geschadet und sind daher auf den Bildern nicht zu finden.


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